Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk

Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk entsteht durch die Copolymerisation von Ethylen, Propylen und einem Dien mit nichtkonjugierten Doppelbindungen mithilfe von Ziegler-Natta- oder Metallocen-Katalysatoren. Während Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPM) nur peroxidisch oder strahlenvernetzbar ist, lässt sich EPDM sowohl peroxidisch als auch mit Schwefel vernetzen. Die Elastizität hängt dabei vom Grad der Vernetzung ab.

EPDM weist eine sehr gute Ozonbeständigkeit, eine sehr gute Witterungsbeständigkeit und eine geringe Wärmealterung auf. Außerdem ist er beständig gegenüber Temperaturen von bis zu 150 °C und resistent gegen polare Substanzen und Dampf.

Benzin, Kraftstoffen und Mineralölen haben diese Compounds jedoch nur wenig entgegenzusetzen. 

Dank seiner herausragenden Eigenschaften hat EPDM den ursprünglich verwendeten Natur-Kautschuk in vielen Bereichen abgelöst. Sowohl im Automotive-Sektor als auch in der Baubranche ist dieser Kautschuktyp das am häufigsten eingesetzte Material für Dichtungen. Darüber hinaus wird er zur Produktion von Schläuchen, Membranen und Profilen (Tür- und Fensterdichtungen) genutzt. Des Weiteren findet Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk in sicherheitsrelevanten Teilen von Kfz-Bremssystemen Anwendung.

Aufbau und Herstellung von Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk

EPDM-Kautschuk gehört zur Gruppe der Elastomere. Diese sind formfest, lassen sich jedoch unter Last elastisch verformen. Hierbei hängt die Elastizität vom jeweiligen Vernetzungsgrad ab. Seit 1963 wird EPDM durch Polymerisation großtechnisch hergestellt. Im Gegensatz zum Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPM), der durch die Copolymerisation von Ethylen und Propylen entsteht, wird bei der Herstellung von EPDM als zusätzliches Terpolymer ein Dien eingesetzt, wodurch die daraus resultierenden Produkte schwefelvernetzbare Doppelbindungen in den Seitenketten ausbilden.

Die Vernetzung von Ethylen und Propylen erfolgt mittels Suspensions- oder Lösungspolymerisation. Technisch relevante EPM-Arten enthalten 40 bis 80 Prozent Ethylen. Für EPDM kommen folgende Diene hinzu:

  • trans-Hexadien-1,4,
  • Dicyclopentadien (DCP) oder
  • Ethylidennorbornen (ENB, nach IUPAC: 5-Ethyliden-2-norbornen).

Für die EPDM-Herstellung kommen ein Metallocen-Katalysator oder ein Ziegler-Natta-Katalysator zur Anwendung. Der Einbau des Diens hängt vom Katalysator-Typ ab, wobei die Verteilung des Diens entlang der Polymerhauptkette die Vernetzungseigenschaften beeinflusst.

Die Terkomponenten weisen unterschiedliche Vernetzungsgeschwindigkeiten auf. ENB hat die höchste, DCP die niedrigste Reaktivität. Die beiden Doppelbindungen der Diene dürfen nicht gleich reaktiv sein, damit nur eine copolymerisiert wird, während die zweite für die spätere Vernetzung verfügbar bleibt.

Die Art und die Menge der eingesetzten Terkomponenten bestimmen das Vulkanisationsverhalten, den Vernetzungsgrad und die mechanischen Eigenschaften. Bei Ethylenanteilen von rund 45 bis 60 Prozent bilden sich amorphe, nicht selbstverstärkende Polymere. Beträgt der Ethylenanteil 70 bis 80 Prozent, entstehen teilkristalline Polymere, die auch als Sequenztypen bezeichnet werden.

Hinsichtlich des Verarbeitungsverhaltens unterscheiden sich die teilkristallinen Sequenztypen erheblich von den amorphen Polymeren. Anders als diese bilden sie thermisch reversible physikalische Vernetzungsstellen, welche den Polymerisaten schon im unvernetzten Zustand eine hohe Festigkeit verleihen. Übliche Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuke besitzen Molekülmassen von 200.000 bis 300.000. Hochmolekulare EPDM-Typen werden ölgestreckt und sind damit gut verarbeitbar.

Besondere Spezifika durch Füllstoffe

Um verbesserte mechanische Eigenschaften oder Beständigkeit gegenüber glykolbasierter Bremsflüssigkeit zu erzielen, müssen amorphe EPM- wie auch EPDM-Arten mit Füllstoffen versehen werden. Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk kann bei gleicher Viskosität meist höher gefüllt werden als EPM. Bestehen spezielle Anforderungen an die Altersbeständigkeit, gibt es die Möglichkeit, die ungesättigten EPDM-Typen mit Alterungsschutzmitteln auszurüsten.

Verarbeitungsmittel wie Zinkseifen und Stearinsäure gewährleisten eine bessere Verteilung der Füllstoffe und erleichtern die Verarbeitung. Darüber hinaus ist bei EPDM-Mischungen wegen der zu geringen Konfektionsklebrigkeit u.U. die Zugabe von Harzen erforderlich. Als Vulkanisationschemikalien dienen Peroxide oder Schwefel sowie Beschleuniger.

Die Produktion von EPDM-Mischungen geschieht nahezu ausschließlich in Innenmischern. Die Weiterverarbeitung kann nach allen in der Gummiindustrie gebräuchlichen Methoden und Verfahren erfolgen.

Eigenschaften von Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk

EPDM-Vulkanisate zeichnen sich durch eine hervorragende Chemikalienbeständigkeit gegenüber verdünnten Säuren, Alkalien, Aceton, Alkohol, Ketonen und Hydraulikflüssigkeiten wie Bremsflüssigkeit aus. Wegen ihres unpolaren Charakters werden sie von aliphatischen, chlorierten und aromatischen Kohlenwasserstoffen, Benzin und Ölen angegriffen und quellen in diesen stark auf. Der direkte Kontakt zu konzentrierten Mineralsäuren kann zur Verhärtung beziehungsweise Zerstörung der Vulkanisate führen.

Die mechanischen Eigenschaften von Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk richten sich nach der Art und Menge der eingesetzten Füllstoffe. Folgende Spezifika sind gemeinhin gegeben:

  • gute Festigkeitswerte (speziell bei Sequenzvulkanisaten),
  • Härte in weiten Grenzen variierbar,
  • gutes elastisches Verhalten,
  • niedriger Druckverformungsrest,
  • Weiterreißfähigkeit bei höherer Temperatur vergleichbar mit Naturkautschuk (NR),
  • Kälteflexibilität vergleichbar mit NR-Vulkanisaten,
  • Einsatzbereich -70 bis +150 °C (bei optimal eingestellten Peroxidvulkanisaten bis +170 °C),
  • Wärmeverformbeständigkeit vergleichbar mit Vulkanisaten aus Isobuten-Isopren-Kautschuk (IIR) (deutlich niedriger als bei Silikon- oder AEM-Vulkanisaten),
  • relativ gute elektrische Eigenschaften auch nach Heißluftalterung oder bei höheren Temperaturen,
  • ausgezeichnete elektrische Isolationseigenschaften (auch für Hochspannungskabel-Isolationen geeignet),
  • hervorragende Beständigkeit gegen Hochspannungskorona-Entladungen,
  • sehr gut beständig gegenüber heißem Wasser und Dampf unter hohem Druck,
  • sehr gute Sonnenlicht- und Ozonbeständigkeit,
  • beständig gegen Bremsflüssigkeit auf nicht mineralölhaltiger Basis,
  • sehr gute Alterungsbeständigkeit.

Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk schmilzt nicht und verformt sich auch nicht unter Wärmeeinwirkung. Hohe Temperaturen führen dazu, dass sich das Material zersetzt beziehungsweise zerstört wird. EPDM ist nicht löslich und auch nicht schweißbar.

Spezifika handelsüblicher EPDM-Kautschuk-Typen

Der Ethylengehalt kommerzieller Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk liegt bei 45 bis 75 Prozent. Typen mit einem Ethylenanteil von 45 bis 55 Gewichtsprozent sind amorph und bieten die beste Kälteflexibilität. Steigt der Gehalt an Ethylen an, nimmt auch die Kristallinität zu. EPDM mit einem Ethylengehalt von 55 bis 65 Gewichtsprozent sind teilkristallin. Terpolymere mit mehr als 65 Gewichtsprozent Ethylen weisen größere kristalline Bereiche auf und verhalten sich wie thermoplastische Elastomere, deren Reißfähigkeit bereits im unvernetzten Zustand sehr hoch ist.

Der Dien-Gehalt handelsüblicher Produkte beträgt zwei bis zwölf Gewichtsprozent. Das entspricht einem Anteil von drei bis 16 Doppelbindungen je 1000 Kohlenstoffatome. Ein höherer Dien-Gehalt führt zu einer höheren Vernetzungsgeschwindigkeit, höheren Festigkeiten und einer geringeren bleibenden Verformung. Die Witterungs-, Ozon- und Alterungsbeständigkeit sinkt hingegen bei steigendem Dien-Anteil.

Verwendung von Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk

Das Anwendungsspektrum von EPDM ist nahezu grenzenlos. Die Einsatzfelder reichen von der Automotive-Industrie über Heizung und Sanitär bis hin zur Kraftwerks- und Klimatechnik. Dank seiner herausragenden Eigenschaften hat er den Naturkautschuk in vielen Bereichen abgelöst.

Die gesättigte Gerüststruktur führt beim EPDM zu Eigenschaften wie hoher Wetter- und Ozonbeständigkeit sowie hoher thermischer Beständigkeit. Da Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk auch gegen Chemikalien beständig ist, wird es unter anderem für verschiedene Dichtungen wie O-Ringe bei Gleitring- oder Flachdichtungen verwendet. Überdies ist es ein gängiger Werkstoff für Schläuche, die für Heißwasser oder Dampf genutzt werden.

Als Blends mit anderen Polymeren spielt EPDM eine wichtige Rolle bei der Produktion thermoplastischer Elastomere (TPV) und elastomermodifizierter Plastomere (EMP). Zu den Haupteinsatzgebieten zählen Kabelummantelungen und -Isolationen sowie wetter- und wärmebeständige beziehungsweise seewasserresistente technische Artikel.

EPDM-Kautschuk im Fahrzeugbau

Im Bereich Automotive kommt Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk in Form von Schläuchen (z. B. Kühlwasserschläuche), Dichtungen und Profilen (z. B. Türdichtungen), Membranen zum Einsatz. Sonderqualitäten des EPDM sind auch für Bremsflüssigkeit auf Glykolether- und Polyglykolbasis verwendbar. Eine absolute Unverträglichkeit besteht hingegen gegenüber jeglichen Mineralölprodukten (Kraftstoffe, Schmierstoffe).

EPDM-Kautschuk im Bauwesen

Aus Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk werden unter anderem hochwertige Bauwerk- und Flachdachabdichtungsbahnen gefertigt. Spezielle Ausführungen sind mit Vlies oder Bitumen beschichtete EPDM-Dichtungsbahnen. Ebenso werden aus EPDM Absorbermatten zur Schwimmbaderwärmung hergestellt, die sich durch UV-, Witterungs- und Ozonbeständigkeit auszeichnen, beständig gegenüber chlorhaltigem Wasser, begehbar und in gefülltem Zustand auch frostsicher sind. Ein weiteres EPDM-Produkt ist hochwertige Teichfolie, die UV- und alterungsbeständig und auch bei Kälte hochflexibel ist. Darüber hinaus wird die elastische Niederdruck-Gasspeicherung in Biogasanlagen mit Membranen aus Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk realisiert.

Sonstige Anwendungen von EPDM-Kautschuk

Weitere typische Produkte aus EPDM sind Förderbänder, Dockfender, Haushaltsgeräteteile, Walzenbezüge, Industrie- und Waschmaschinenschläuche, Membranen für Lautsprecher und flexible Rohrleitungen. Weiterhin lässt sich EPDM mit Treibmitteln zu Moosgummi aufschäumen, der sich durch ein besonders gutes Rückstellvermögen und eine hohe Druckelastizität auszeichnet und beispielsweise für Glasführungen und Dichtungen verwendet wird.

Rolf Müller
Wie können wir Ihnen helfen?

Chat

Tab 1
Tab 2
Tab 3
Zurück