Chloropren-Kautschuk

Chloropren-Kautschuk, auch bekannt als Polychloropren oder Neopren, ist neben Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) und Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) der derzeit mengenmäßig bedeutendste Spezialkautschuk. Er wird mittels Emulsionspolymerisation von Chloropren hergestellt. Die Vernetzung kann per Kaltvulkanisation durch schwefelhaltige Verbindungen erfolgen, aber auch durch Magnesiumoxid, Zinkoxid oder mithilfe von Peroxiden.

Chloropren-Kautschuke besitzen hervorragende dynamische Eigenschaften und weisen eine hohe Flammwidrigkeit sowie eine mittlere Ölbeständigkeit auf. 

Darüber hinaus sind sie ozon- und witterungsfest. Die mechanischen Eigenschaften von CR sind besser als die der meisten anderen Synthesekautschuke. Der Einsatztemperaturbereich dieser Compounds liegt bei -20 bis +120 °C.

Langsam kristallisierende CR-Typen eignen sich besonders gut für Anwendungen bei tiefen Temperaturen. Sie kommen in der Chemietechnik und im Automobilbau beispielsweise in Form von Antriebsriemen, Dichtungen, Schläuchen, Profilen und Auskleidungen sowie als (Schwingungs)-Lager zum Einsatz. Des Weiteren lässt sich durch Verwendung chemischer Treibmittel, die unterhalb der Vulkanisationstemperatur Gase freisetzen, ein druckbeständiger Schaumstoff mit hervorragenden Dämmeigenschaften gewinnen. Bekannt ist das geschäumte Vulkanisat außerdem als Material für Taucheranzüge.

Der Siegeszug des Chloropren-Kautschuks

Die grundlegende Idee für Chloropren-Kautschuk stammt vom US-amerikanischen Botaniker und Chemiker Julius Arthur Nieuweland, der mit Wallace Hume Carothers, dem Forschungsleiter der Firma DuPont, zusammenarbeitete. Arnold Collins, ein Mitarbeiter Carothers polymerisierte im Jahr 1930 erstmals Polychloropren unter ökonomisch günstigen Bedingungen im Emulsionsverfahren. Zwei Jahre später brachte DuPont das Polymer unter dem Namen Duprene, 1938 dann als Neoprene in den Handel. Im Laufe der Jahrzehnte gab es im Bereich der Chemietechnik zahlreiche Verbesserungen hinsichtlich des Herstellungsverfahrens und der Polymereigenschaften. Es entstanden:

  • schwefelhaltige Copolymerisate für verbesserte Verarbeitbarkeit (1939),
  • Mercaptan-geregelte Varianten für verbesserte Löslichkeit und Hitzebeständigkeit (1950er Jahre) sowie
  • Xanthogenat-modifizierte Chloropren-Kautschuke für verbesserte Eigenschaften der Vulkanisate und geringere Kristallisationsneigung.

Herstellung von Chloropren-Kautschuk

Chloropren-Kautschuk wird in der Chemietechnik ausschließlich mittels Emulsionspolymerisation hergestellt. Die dabei entstehende Dispersion wird unter Zugabe von Säure und anschließende Kühlung gefällt, getrocknet und zu Chips weiterverarbeitet. Damit diese nicht verkleben, werden sie mit Talkum gepudert. Eine Ausnahme bilden stark kristallisierende Varianten, die sich zu Klebstoff weiterverarbeiten lassen. Neben der Unterscheidung in stark, mittelstark und schwach kristallisierende Varianten kann Chloropren-Kautschuk je nach Herstellung in schwefelmodifizierte Typen und Mercaptantypen untergliedert werden.

Durch Modifikation der Herstellungsparameter ergeben sich verschiedene Einzeltypen, die sich hinsichtlich ihrer Eigenschaften zum Teil erheblich unterscheiden. So hängen das Verarbeitungsverhalten wie auch die elastischen Eigenschaften weitgehend von der Polymerisationstemperatur ab. Mit zunehmender Temperatur wird die Kettenstruktur uneinheitlich, wodurch sich die Kristallisationsgeschwindigkeit der Polymere verringert.

Bei niedriger Temperatur polymerisierte Chloropren-Kautschuk-Typen zeichnen sich durch eine rasche und starke Kristallisationsneigung aus. Dies ist vor allem bei Klebstoffen von Bedeutung, die eine hohe Anfangsfestigkeit besitzen sollen. Wegen ihrer großen Härte und geringen Elastizität eignen sich diese Chloropren-Kautschuk-Polymere nicht zur Herstellung von Gummiartikeln. Dafür werden bei höheren Temperaturen polymerisierte Polychloropren-Typen verwendet.

Eine Verminderung der Kristallisationsneigung ist auch durch Copolymerisation, zum Beispiel mit Acrylnitril oder Styrol zu erzielen.

Vulkanisation von Chloropren-Kautschuk

Die Verarbeitung von Polychloropren erfolgt nach den üblichen Kautschukformgebungsverfahren. Bei der Vulkanisation ist jedoch zu beachten, dass sich Chloropren-Kautschuk nicht mit Schwefel vernetzen lässt. Üblicherweise kommen stattdessen Metalloxide wie Magnesiumoxid (MgO) oder Zinkoxid (ZnO) zur Anwendung. Um die Wasserbeständigkeit zu verbessern, kann Bleioxid verwendet werden, aus Umweltschutzgründen allerdings nur in eingeschränktem Maße.

Ein typischer Vulkanisationsbeschleuniger für Chloropren-Kautschuk ist Ethylenthioharnstoff (ETU = Ethylene Thio Urea). Die bei der Vulkanisation des Polychloroprens mittels MgO und ZnO unter Beigabe von ETU entstehenden chemischen Strukturen lassen sich ausschließlich auf die Reaktion des allylisch gebundenen Chlors zurückführen, das nur in geringem Maße in der Polymerkette zu finden ist. Die mehrheitlich vorhandenen vinylisch gebundenen Chloratome zeigen unter den Vulkanisationsbedingungen (circa 160 °C) keine relevante Reaktion. Dadurch lässt sich die Vernetzungsdichte auch nicht durch eine erhöhte Zugabe von Vulkanisationsmitteln steigern.

Neue Wege in der Chloropren-Kautschuk-Produktion

Aktivatoren auf Grundlage von ETU stellen den aktuellen industriellen Standard zur Beschleunigung des Vulkanisierungsverfahrens dar. Der Ethylenthioharnstoff wurde allerdings mittlerweile von verschiedenen europäischen Behörden als möglicherweise krebserregend eingestuft. Daher ist zu erwarten, dass der Einsatz dieser Substanz in der Chemietechnik in naher Zukunft nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erlaubt sein wird. Im Rahmen des Projektes SAFERUBBER gelang es Wissenschaftlern, eine umweltfreundliche und zugleich kostengünstige Alternative zu entwickeln.

Diese Alternative weißt bedeutenden Vorteile gegenüber ETU auf. So verfügen diese, mit dem Alternativprodukt hergestellte Chloropren-Kautschuke über ein besseres Fließverhalten und lassen sich somit deutlich leichter in Formen füllen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, die eingesetzte Kautschukmenge und auch den damit verbundenen Ausschuss zu verringern. Auch der Anteil von Zinkoxid als Vulkanisierungsaktivator kann auf diese Weise gesenkt werden.

Chloropren-Kautschuk lässt sich mit verschiedenen anderen Polymeren zu Polymerblends verschneiden, beispielsweise:

  • mit Polybutadien (BR) oder Naturkautschuk (NR) zur Verbesserung der Tieftemperaturflexibilität,
  • mit Nitril-Kautschuk (NBR) zu Verbesserung der Ölbeständigkeit oder
  • mit Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) zur Verringerung der Kristallisationsneigung.

Neopren - Chloropren-Kautschuk geschäumt

Neopren besitzt durch die vielen gleichmäßig darin verteilten Gasbläschen hervorragende thermische Isoliereigenschaften. Am bekanntesten ist diese Variante des Chloropren-Kautschuks durch Kälteschutzanzüge für Wassersportarten wie Tauchen und Surfen. Aber auch Sportbandagen, Schalldämmlager für Treppenläufe, Flaschenkühler und diverse Arten von Schutzhüllen werden aus Neopren hergestellt.

Für die Verwendung in Sportbekleidung wird Neopren entsprechend der gewünschten Wärmeisolierung in unterschiedlichen Stärken geschäumt. Dickeres Material isoliert besser, hat allerdings einen höheren Auftrieb und ist weniger dehnbar. Üblicherweise ist Neopren auf beiden Seiten mit Textilgewebe (Lycra oder Nylon) kaschiert, um die Oberfläche weniger anfällig für Beschädigungen zu machen. Es gibt aber auch einseitig kaschiertes Glatthaut-Neopren, das auf einer Seite eine glatte, geschlossene Kautschukoberfläche aufweist und sich für Dichtungsstreifen im Inneren der Neopren-Kleidung eignet. Darüber hinaus existieren unkaschierte Anzugs-Versionen, die besonders elastisch sind und damit eine große Bewegungsfreiheit ermöglichen. Der Nachteil dieser Varianten besteht in ihrer Empfindlichkeit gegenüber mechanischen Einflüssen.

Verbunden werden die einzelnen Teile der Neopren-Kleidung durch Verkleben des Materials auf Stoß.

Eigenschaften von Polychloropren

Wegen seiner Dehnungskristallisation und die dadurch bedingte Selbstverfestigung weist Chloropren-Kautschuk bessere mechanische Eigenschaften auf, als die Mehrzahl der anderen Synthesekautschuke und ist damit in der Chemietechnik ein gern genutztes Material. Infolge seines hohen Chlorgehalts zeichnet sich CR durch eine gute Flammwidrigkeit aus. Zwar brennt er innerhalb einer Flamme, verlischt jedoch, sobald diese entfernt wird. Allerdings ist der Grad der Flammwidrigkeit stark abhängig vom verwendeten Weichmacher.

Durch Zugabe hochaktiver Ruße lassen sich die Zugfestigkeit, aber auch der Einreiß- und Weiterreißwiderstand noch weiter verbessern. Dabei werden ähnlich hohe Werte erzielt wie bei vergleichbaren Naturkautschuk-Vulkanisaten.

Weitere spezifische Eigenschaften von Polychloropren sind:

  • gute Widerstandsfähigkeit gegen Versprödung, Ozon und Witterungseinflüsse, wobei helle Typen unter starker Lichteinwirkung zu Verfärbung neigen,
  • gute Quellbeständigkeit gegenüber mineralischen, pflanzlichen und tierischen Fetten, Mineralölen mit hohem Anilinpunkt, vielen Kältemitteln und Wasser (abhängig vom Mischungsaufbau),
  • stark quellend in Aromaten wie Benzol, Toluol, Estern, Ethern, Ketonen und chlorierten Kohlenwasserstoffen,
  • beständig gegen verdünnte Säuren und Salzlösungen,
  • thermischer Anwendungsbereich je nach Zusammensetzung circa -45 bis +100 °C (kurzzeitig bis 130 °C),
  • Flammwidrigkeit,
  • hervorragende dynamische Eigenschaften,
  • mittlere Ölbeständigkeit.

Die elektrischen Isoliereigenschaften von Polychloropren fallen aufgrund seiner Polarität schlechter aus als beim Naturkautschuk oder beim SBR. Durch Einsatz bestimmter Füllstoffe lassen sich allerdings Mischungen erzeugen, die im Niederspannungsbereich verwendbar sind.

Wichtigste Anwendungen von Polychloropren

Chloropren-Kautschuk-Typen mit geringer bis mittlerer Kristallisationsneigung kommen in der Chemietechnik überwiegend für technische Gummiartikel zum Einsatz, die Öl- und Fettbeständigkeit, Flammwidrigkeit oder Wetter- und Ozonbeständigkeit aufweisen sollen.

Im Automobilbau findet sich das Material beispielsweise in Antriebsriemen, Schläuchen, Dichtungen und (Schwingungs)-Lagern. Seine günstigen Eigenschaften wie Flammwidrigkeit und gute Dämmeigenschaften machen Polychloropren aber auch zu einem beliebten Werkstoff für Fenster- und Bauprofile, Auskleidungen und Kabelummantelungen.

Geschäumt kommt das Vulkanisat als Neopren in Taucheranzügen zur Anwendung. Durch Verwendung chemischer Treibmittel, die unterhalb der Vulkanisationstemperatur Gase freisetzen, kann Chloropren-Kautschuk außerdem zu einem druckbeständigen Schaumstoff beziehungsweise Schaum- oder Moosgummi geschäumt werden, der sich ebenfalls durch Flammwidrigkeit auszeichnet. Aus Polychloropren-Typen mit starker Kristallisationsneigung fertigt die Chemietechnik darüber hinaus Kontaktklebstoffe.

Rolf Müller
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