Arcrylnitril-Butadien-Kautschuk

Acrylnitril-Butadien-Kautschuk, kurz auch als Nitril-Kautschuk bezeichnet, ist ein aus Acrylnitril und Butadien bestehendes Copolymerisat. Die Vulkanisation erfolgt bei diesem Material mit Peroxiden oder Schwefel-Beschleuniger-Systemen. Mit Ersteren entstehen besonders wärmebeständige Produkte.

NBR enthält polare Nitrilseitengruppen am Polymerrückgrat, mit welchen unpolare Flüssigkeiten wie Benzin, Öl, Schmierfette wenig wechselwirken, sodass der Werkstoff in diesen Medien wenig quillt. 

Daher unterscheidet sich Acrylnitril-Butadien-Kautschuk in erster Linie von anderen Kautschuken durch seine Medienbeständigkeit.

Dabei ist die Beständigkeit gegen Chemikalien wie Mineralöle und Kraftstoffe sowie gegenüber heißem Wasser umso höher, je mehr Acrylnitril der Kautschuk enthält. Im Gegenzug nehmen die Kälteflexibilität und die Elastizität ab. Weitere Pluspunkte von NBR sind sein hohes mechanisches Eigenschaftsniveau und seine niedrige Gasdurchlässigkeit.

Da sich beim Nitril-Kautschuk wegen der geringen statischen Aufladung keine Funken bilden, wird er häufig für Hydraulikschläuche, Tankschläuche, Dichtungen und O-Ringe in ölgeschmierten Maschinen verwendet. Ein weiteres wichtiges Nutzungsfeld ist die Öl- und Gasexploration.

Allgemeines zum Acrylnitril-Butadien-Kautschuk

Nitrilkautschuk wurde erstmals 1930 durch Copolymerisation von Acrylnitril (ACN) und Butadien (Vinylethylen) hergestellt. Die großtechnische Produktion des sehr bald als rüstungswichtig geltenden Synthesekautschuks begann im Jahr 1934. Der größte Unterschied von NBR zum Naturkautschuk (NR), Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) und anderen bis dahin bekannten Kautschuktypen liegt darin, dass er beständig gegenüber Kraftstoffen ist.

Ähnlich wie SBR wird Acrylnitril-Butadien-Kautschuk durch Emulsionspolymerisation hergestellt. Polymerisationstemperaturen von circa +50 °C führen zu sogenanntem Warmkautschuk (Hot Rubber). Dieser weist einen hohen Verzeigungsgrad auf, was seine Weiterverarbeitung erschwert. Findet die Polymerisation bei niedrigeren Temperaturen von etwa +5 - 15°C statt, entsteht Kaltkautschuk (Cold Rubber), der sich aufgrund seines geringeren Verzweigungsgrades leichter verarbeiten lässt.

Wie beim SBR wird heute auch der größte Teil des NBR als Kaltkautschuk hergestellt. Der Acrylnitril-Gehalt gängiger Nitrilkautschuk-Typen liegt zwischen 18 und 50 Prozent.

Eigenschaften von Acrylnitril-Butadien-Kautschuk

Die Eigenschaften von NBR, darunter auch die Ölbeständigkeit, werden in hohem Maße durch den Acrylnitrilgehalt bestimmt. Aufgrund der unterschiedlichen Glasübergangstemperaturen von Acrylnitril (+90 °C) und Butadien (-90 °C) steigt mit zunehmendem Acrylnitril-Anteil die Glasübergangstemperatur, während die Elastizität abnimmt. Die Quellbeständigkeitgegenüber Treibstoffen, Fetten und Ölen nimmt ebenfalls mit steigendem Acrylnitril-Gehalt zu.

Nitrilkautschuk-Werkstoffe mit 18 Prozent Acrylnitril zeigen eine sehr gute Tieftemperaturflexibilität bis circa -48 °C sowie eine mäßige Öl- und Kraftstoffbeständigkeit. Bei einem Acrylnitril-Gehalt von 50 Prozent ist die Tieftemperaturflexibilität nur bis etwa -3 °C gegeben, während die Öl- und Kraftstoffbeständigkeit optimal ist. Die Gasdurchlässigkeit vermindert sich mit steigendem Acrylnitril-Anteil und der Druckverformungsrest verschlechtert sich.

Gute Festigkeitswerte lassen sich beim Acrylnitril-Butadien-Kautschuk wie bei den meisten synthetischen Kautschuken nur durch Einsatz aktiver Füllstoffe, wie Rußen, erzielen. Darüber hinaus sind für NBR folgende Eigenschaften charakteristisch:

  • Medienbeständigkeit/Chemikalienbeständigkeit gegenüber Mineralölen, Kraftstoffen, Schmierfetten, Alkoholen sowie pflanzlichen und tierischen Fetten und Ölen,
  • Abriebbeständigkeit,
  • hohe mechanische Eigenschaften,
  • Geringe Gasdurchlässigkeit,
  • relativ geringe Elastizität (niedriger als bei SBR oder NR),
  • thermischer Anwendungsbereich je nach Mischungsaufbau -50 bis +100 °C (kurzzeitig bis 130 °C),
  • gute elektrische Leitfähigkeit aufgrund seiner Polarität,
  • quillt in Gemischen aus Ketonen, Estern und anderen polaren Lösungsmitteln.

Die Temperatur- und Ozonbeständigkeit ist durch die Doppelbindungen im Polymerrückgrat des NBR begrenzt. Werden diese durch Hydrierung in Einfachbindungen umgewandelt, steigt die Temperatur- und Ozonbeständigkeit deutlich an. Der so entstandene Werkstoff wird als Hydrierter Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (HBNR) bezeichnet. Zur Verbesserung der Ozonbeständigkeit kann der Nitrilkautschuk auch mit PVC verschnitten werden. Typischerweise wird hierfür ein 70-prozentiger NBR mit einem 30-prozentigen PVC kombiniert.

In reinen chlorierten oder polaren Kohlenwasserstoffen wie z.B. Aceton aber auch starken oxidierenden Säuren wie konzentrierter Salpetersäure quillt bzw. zersetzt sich Acrylnitril-Butadien-Kautschuk ebenfalls. Quellbeständig ist NBR hingegen bei Gemischen aus aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen.

Neben Schwefel werden bei der Vulkanisation von Acrylnitril-Butadien-Kautschuk auch organische Peroxide eingesetzt. Hierdurch entstehen besonders wärmebeständige Nitrilkautschuk-Typen. Bei dieser Art der Vernetzung müssen eine geringere Weiterreißfestigkeit in Kauf genommen werden.

Einsatzfelder für Nitrilkautschuk

Acrylnitril-Butadien-Kautschuk hat seine Hauptanwendungsgebiete dort, wo es neben guten Eigenschaften auch auf hohe Quellbeständigkeit gegenüber Mineralölen und Kraftstoffen sowie Alterungs-, Wärme- und Abriebbeständigkeit ankommt. Schläuche , Dichtungen und andere Produkte, die auf diesem Synthesekautschuk basieren, eignen sich dank ihrer guten technologischen Spezifika für unterschiedlichste Anwendungsgebiete.

Den Hauptanteil des weltweit hergestellten Nitrilkautschuks verbraucht die Automobil-Zuliefer- wie auch die Maschinenbauindustrie, die daraus vorwiegend medienführende Leitungen, Hydraulik-Schläuche, Dichtungen, korrosionsmindernde Beschichtungen für Metalloberflächen und Schmutzfangmatten herstellt. Pneumatik- und Hydraulikdichtungen können aus diesem Kautschuk ebenso gefertigt werden wie O-Ringe und Radial-Wellendichtringe. Weitere Einsatzmöglichkeiten für NBR sind Antriebs- und Spinnriemen wie auch technische Walzen.

Im Arbeitsschutzbereich dient Acrylnitril-Butadien-Kautschuk als Grundmaterial für Labor- und OP-Handschuhe und für die chemikalienfeste Ausrüstung von Textilien. Die Schuhindustrie verwendet NBR als robustes Sohlenmaterial, während daraus erzeugte Statoren in technischen Anlagen und als Schläuche in flexiblen Medienleitungen für Gase und Flüssigkeiten, beispielsweise in der Öl- und Gasexploration, dienen.

Rolf Müller
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